top of page

Gelassen loslassen

Walter Germann - Bild von Jana Birchmeier

Um sich vertieft mit der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen, hat Walter Germann aus Degersheim den Kurs «Nahe sein in schwerer Zeit» besucht. In Gelassenheit leben übt er schon lange.

Die ökumenische Fachstelle Begleitung in der letzten Lebensphase (BILL) bietet Kurse zum Thema Sterben und Trauerarbeit an. Nachdem der pensionierte Primarlehrer Walter Germann die Kursleiterin Ute Latuski-Ramm, damals Pfarrerin in Degersheim, im Rahmen ökumenischer Gottesdienste in ihrer offenen, herzlichen Art kennen- und schätzen gelernt hatte, lag ein Kursbesuch nahe – auch ohne unmittelbare Dringlichkeit. Da seien zwar die sehr betagte Mutter und deren Schwester, erzählt der 68-jährige Germann, verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder, doch für ihn seien nicht nur die Verwandten oder das eigene Älterwerden der Grund, sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen, sondern, weil ihn das Thema «Gelassen werden, loslassen» schon lange begleite.

Befreite Stimmung

Da war die Familie, in der er viel Wärme und Herzlichkeit, aber auch seine Ängstlichkeit mitbekommen habe; dann der Lehrerberuf, der ihn zeitlebens erfüllte, in dem man aber auch ein Sammler sei. «Befreiend und offen», beschreibt er die Stimmung im Kurs. Manche Inhalte beziehen sich direkt auf die Bedürfnisse sterbender Menschen und ihrer pflegenden Angehörigen, immer wieder steht die persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema im Fokus. Die vielfältige Methodik reicht vom fachlichen Vortrag über Einzelarbeiten («Zeichne deinen Glauben»), von Gruppenarbeiten bis zum Rollenspiel («Ich bin die unheilbar kranke Patientin, du bist der Besucher am Bett»).

Die Schale öffnen

Als besonders eindrücklich schildert Germann eine Meditation, in der die Teilnehmenden gedanklich alles, was ihnen wichtig ist, in ihre zu Schalen geformten Händen legen: lieb gewonnene Menschen, Fähigkeiten, Hobbys, Lieblingsgegenstände. Im zweiten Schritt öffnet man plötzlich die Hände und muss alles loslassen. «Für mich war das zuerst ein schmerzliches Gefühl, da war die Frage, was mir jetzt noch bleibt. Aber dann habe ich gemerkt: Da ist ja noch die Verbindung mit dem göttlichen Geheimnis in meiner innersten Mitte, mein unzerstörbarer göttlicher Kern.»

Text: Julia Sutter, Bild: Jana Birchmeier

Kirche tut gut Sticker
Portrait Claudia Tobler
Kirche tut gut Sticker
bottom of page