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"Jesus hat auch nicht gefragt"

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Die Evangelische Frauenhilfe St.Gallen Appenzell setzt sich für Frauen und ihre Familien in Notlagen ein. «Wir bieten dort Hilfe, wo die staatliche Hilfe oder Versicherungen nicht greifen», sagt Anita Marti, Stellenleiterin der Frauenhilfe.

Im Büro von Anita Marti stehen auf dem Fenstersims zahlreiche Pflanzen, zumeist sind es Orchideen. Einige blühen, einige brauchen gerade etwas Ruhe, um neue Kräfte sammeln zu können. «Alles Geschenke von Klientinnen», sagt die Stellenleiterin der Evangelischen Frauenhilfe St.Gallen-Appenzell. «Wieder aufblühen», könnte auch das Motto ihrer Arbeit lauten. Die Sozialarbeiterin unterstützt Frauen und ihre Familien. Sie berät, bietet finanzielle Überbrückungshilfe, klärt Fragen etwa bei Trennungen oder im Umgang mit Behörden. Gerade diese Vielfalt mache ihre Arbeit spannend, sagt Anita Marti. Zudem schätze sie den Kontakt mit den Frauen sehr. Oft könne sie nur staunen, was sie schon alles geleistet hätten – etwa auf einer Flucht oder als Mutter in einem schwierigen Umfeld. Schon darum sei es für sie wichtig, den Frauen auf Augenhöhe zu begegnen.

Gut vernetzt

Rund 270 Frauen suchen jährlich die Beratungsstelle der Frauenhilfe auf. «Neben der Beratung bieten wir punktuelle Hilfe – dort wo die staatliche Hilfe oder Versicherungen nicht greifen», sagt Marti; beispielsweise, wenn bei jemandem das Einkommen knapp zu hoch ist, um Unterstützung zu erhalten, und die Zahnarztrechnung dann doch das Budget sprengen würde. Knapp 50 000 Franken stehen zur Unterstützung jährlich aus der eigenen Kasse der Frauenhilfe bereit. «Doch das reicht nie und nimmer», sagt Marti. Für weitere 200 000 Franken stellt sie darum bei Stiftungen oder weiteren Hilfsorganisationen Gesuche. Überhaupt seien sie gut vernetzt – etwa mit der Caritas, der Budgetberatung der Frauenzentrale oder dem Frauenhaus. So sei es möglich, die Frauen gezielt zu unterstützen. Dieses Netzwerk spielt auch, damit sich die Frauen überhaupt bei der Frauenhilfe melden.  «Viele schämen sich, um Hilfe nachsuchen zu müssen», sagt Marti. «Da ist es gut, wenn ihnen jemand einen Schubs gibt, ihnen Mut macht».

Evangelisch ist wichtig

Die Evangelische Frauenhilfe ihrerseits ist auf Spenden angewiesen. Neben privaten Spenderinnen und Spendern kommt ein Grossteil von Kirchgemeinden und der Kantonalkirche. «Ich finde es wichtig und richtig, dass wir ‘Evangelisch’ in unserem Namen tragen», sagt Anita Marti. So weiss man, dass die Kirche diese Arbeit erst möglich macht». Bei den Klientinnen sei das Evangelisch selten ein Thema und als Kriterium zur Vergabe von Unterstützung schon gar nicht. «Jesus hat auch nicht gefragt», bringt Marti diesen Grundsatz auf den Punkt.

Text und Bild: Andreas Ackermann

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Portrait Claudia Tobler
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