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«Ohne Seelsorge können wir einpacken»

Maik Becker - Bild von Andreas Ackermann

Maik Becker ist seit zwei Jahren Gefängnisseelsorger — das heisst, viel zuhören, ohne zu werten.

«Sie sehen ja aus wie einer von uns», habe ihm ein Insasse ganz zu Beginn seiner Tätigkeit als Gefängnisseelsorger gesagt. Es habe ihn gefreut, dass er nicht gleich als der Herr Pfarrer erkannt wurde. Zudem erleichtert ihm sein Aussehen den Zugang zu den Insassen, etwa sein neues Tattoo am Arm. «Es ist eine Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen.» Seit knapp zwei Jahren ist Maik Becker Gefängnisseelsorger, zunächst im Jugendheim Platanenhof in Oberuzwil, nun auch im Massnahmenzentrum Bitzi in Mosnang und in den beiden Untersuchungsgefängnissen in der Stadt St. Gallen.

Begleiter und Zuhörer

In allen Gefängnissen des Kantons bieten die Katholische und die Reformierte Kirche Seelsorge an. Und sie wird von den Insassen geschätzt. «Kürzlich baten im Untersuchungsgefängnis in St. Gallen 16 Personen um einen Gesprächstermin», erzählt Becker. Teilweise, weil es eine Abwechslung vom sonst eintönigen Alltag ist, teilweise, um etwas loszuwerden. «Viele sind sich bewusst, dass sie Mist gebaut haben. Dann ist es meine Aufgabe, zuzuhören.» Im Wissen um die Opfer sei das manchmal schwierig. Diese Spannung gelte es als Seelsorger im Gefängnis auszuhalten. «Seelsorgende brauchen nicht zu bewerten», sagt Becker. Zunächst sei man einfach Begleiter und Zuhörer. In der Bibel steht der Satz: «Ich war im Gefängnis, und ihr habt mich besucht.» Das sei sein Leitmotiv.

Gefängnis als Gemeinde

14 Jahre ist Maik Becker schon Pfarrer, erst sieben Jahre in der Stadt St. Gallen und dann sieben Jahre im Toggenburg. Auch im Pfarramt habe er gerne Seelsorge gemacht. Er finde, Seelsorge sei ein ganz, ganz wichtiger Teil der Kirche. «Ohne Seelsorge können wir einpacken», sagt er. «Wenn wir nicht bei den Menschen sind, dann haben wir verloren.» Darum gehe er gerne ins Gefängnis, komme mit den Insassen ins Gespräch, höre zu, und wenn gewünscht, sprächen sie ein Gebet. «Das Gefängnis ist irgendwie meine Gemeinde geworden. Wir begegnen uns, feiern, begleiten – nur halt ohne Apéro», schmunzelt Becker. 

Die Besuche im Gefängnis seien jeweils dicht aneinandergereiht. Gespräch folgt auf Gespräch. Zudem erfordert Seelsorge eine hohe Präsenz. Nach den vielen Gesprächen sei er jeweils «nudelfertig». Wenn sich nach dem Dienst dann hinter ihm die Sicherheitspforte schliesse, brauche er frische Luft, tue sich etwas Gutes, gehe ein Eis essen oder in einer Kirche eine Kerze anzünden.

Text: Andreas Ackermann, Bild: Andreas Ackermann

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